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Restaurantkritiken, heute: "Blauer König"



Gourmet, Corpsstudent und Feinschmecker Heiko Schomberg, 36, (Autor von u.a. "Der CurryKing" und "Die Schnitzelranch") berichtet heute über ein Kleinod in Köln-Kalk den "Blauen König", einen Ruhepol, der manchen vorurteilsbehafteten Linksrheiner (m/w) nach Kalk kommen lässt und den lukullischen Einheitsbrei vor Ort erfreulich aufbrach resp. aufbricht. (Foto: Peter Knöll, 2003)


 

"Optimierte Einfachheit ist eine den Meistern vorbehaltene Sprache." (Jürgen Dollase)

 

Nur knappe viereinhalb Jahre nach der letzten Restaurantkritik gibt es heuer eine neue. Und entgegen der Ankündigung aus dem Oktober 2003 beschäftige ich mich im Jänner 2008 nicht mit der "Hinterländer Bauernschänke"! Das wird nachgeholt. 2012.

 

Der fast schon legendäre "Blaue König" - einst eine Oase in Kalk - hat am Dienstag, den 08.01.2008 mit einem neuen Pächterpaar wieder aufgemacht, hier (m)ein erster Eindruck. Generell:

 

Mir war im Vorfeld sehr unwohl, was, wenn der Pächterwechsel gleichbedeutend ist mit einem Totalverlust, wenn ein Stück Veedelkultur verloren geht, wie dies m.E. beim "Haus Böhmer" der Fall ist? Nein - rückblickend auf den Paradigmenwechselnovember 2007 - es ist kein Totalreinfall, und es erwarten einen auch keine eckigen Teller als Vorboten des Bösen, aber es ist auch nicht alles blau, was glänzt. Und, Gottseiaufkniengedankt, mussten wir den Pächterwechsel nicht mit einer unüberschaubaren und unbekochbaren Karte, vor Fett triefenden Aufläufen und Saucen, Fritten - "die fettigen Finger des Teufels!" (Mrs. Kim) - im lauwarmen und mehligen Zustand sowie zweieinhalb Stunden Wartezeit bezahlen. Beim damaligen Erstkontakt mit zwei hessischen Zeugen konnte ich mich nicht entscheiden, was erbarmungswürdiger war in seinem abgrundtiefen Mangel an Klasse: Die MDR-Tatort-Wiederholung vom 14.01.2008, Crewe Alexandra vs. Leeds United oder der Versuch, aus einer kölschen Institution (ÄffZeh-Fanecke; BINGO-Abende) ein Speiselokal mit Ambitionen und ohne gutbürgerliche Schnitzel zu machen. Das ist alles falsch und häßlich.

 

Die Karte im BK ist deutlich dünner geworden, handgeschrieben und auf Din-A-6 (Langformat) kopiert. Die Hauptgerichte, ach was, die Gerichte (vier Hauptspeisen, zwei Vorspeisen, ein Nachtisch) umfassen nur eine Seite, die Weinkarte immerhin sechs Seiten. Auch ein paar abenteuerliche Schnäpse werden angeboten. Als amuse gueule gab' es ein sehr gutes, außen knackiges und doch innen weiches aber nicht pappiges Kümmelfladenbrot, in mundgerechte Happen geschnitten mit einer gut ausgewogen aber dennoch aromatischen Ziegenkäsekräutercreme.

 

Man verzichtet in der Tat auf eckige Teller oder sonstige Diabolitäten, aber das Understatement ist mir persönlich zu viel. Kleine Teller, wie man sie in jeder Erstsemesterbude findet, und 08/15-Ikeabesteck.

 

Während die "Penne mit Gorgonzola & Spinat (gratiniert) an Walnüssen" sehr gut waren, Optik, Präsentation, Textur, ist mein "Großer Salat mit gebratenen Zanderfilets" optisch - vorsichtig ausgedrückt - nicht so ansprechend präsentiert; eine bessere Unimensa bekommt das netter hin. Der Nudelzustand dagegen weiß zu gefallen; sie haben Biss und gehen eine Verbindung mit der Sauce und dem Spinat ein; wobei der Gesamteindruck dennoch kross ist und, wichtig: bleibt.

 

Der Salat selbst ist sehr lieblos, zum Teil viel zu große Stücke und partiell zu bitter, das Zanderfilet langweilig, d.h. betont vorsichtig gegart aber zu naturbelassen, nicht der Hauch von Röstaromen; auch mit Salz, Zitrone und Pfeffer sehr neutral im Geschmack. Korrespondiert aber perfekt mit dem Dressing, das auch langweilig ist. Deshalb war ich froh, dass viel zu wenig Salatsauce bei mir drauf war.... Wenigstens bleibt mir beim Salat die - anderorts - häufig etwas sinnfrei auf den Tellerrrand gepinselte Balsamicocreme erspart.

 

Der Service an unserem Tisch war sehr geschwind & aufmerksam aber unaufdringlich, sehr freundlich, wir überlegten die ganze Zeit, ob wir den Herren nicht aus dem Q-Hof kennen. Bei anderen Tischen war es mit der Aufmerksamkeit nicht so weit her. Einmal assistierte ich einer verzweifelt & dehydriert ihr Kölschglas in die Luft haltenden Dame, die circa fünf Minuten versuchte, ein neues Getränk zu erhaschen; die Dame kam durch ein von mir dem Ober freundlich vorgetragenes "Ich glaube, die Dame möchte noch ein Kölsch..." doch noch zu ihrem Erfrischungsgetränk.

 

Sehr schön auch das nonchalant vorgetragene Imbissdeutsch am Nachbartisch: Weiblicher Gast auf die Frage, wer denn welches Gericht erhalte: "Wir waren die Penne, ja! Und er ist Salat!" Man befindet sich in Kalk und in diesen Momenten ist es wieder allgegenwärtig. Auch als Redundanzesser kann man sich hier ein Schmunzeln nicht verkneifen.

 

Die Tische, Stühle, sonstige Inneneinrichtung wurden vom Vorpächter übernommen, an den Wänden drei neue großformatige Photographien an der "Hauptwand", o.k., aber nicht vom Hocker hauend; an der Stirnwand, wenn man reinkommt, eine Mischung aus Steinmosaik (?) und großpixeliger Photowandarbeit, Tierköpfe, etwas gewöhnungsbedürftig. Vermutlich ein Tribut an die "Knutisierung" der Gesellschaft.

 

Das ist so in etwa der erste Eindruck vom neuen "Blauen König". Er kann wiederkommen und das singuläre Ereignis in Kalk bleiben - vielleicht wird er aber auch weiter abfallen. Als teilhabender Beobachter bleibe ich hier natürlich am Ball.

 

Heißt: Wir geben ihm weiter eine Chance, die zweite gaben wir ja auch dem "Haus Böhmer"; hoffen wir, dass der "Blaue König" sie - im Gegensatz zum Böhmer, wo man nur noch trinken kann - nutzt. Auch im BK fehlt mir der revitalisierende Snack für den Mann von Welt: "Cholesterin-Tod" (in kleine Scheibchen geschnittene feine Bratwurst, scharf von beiden Seiten angebraten, an die Seite der Pfanne gelegt, vier Spiegeleier - sunny side up - etwas geriebene Muskatnuss, Rosenpaprika, viel Salz, noch mehr von dem Ketchup mit den hervorragenden sensorischen Werten aus dem Aldi-SÜD). Aber es ist wohl noch zu früh, der Küche ein 5. Gericht vorzuschlagen, das sich nur an wirkliche Aficionados wendet.

 

Vielleicht machen sie es ja auch einfach richtig und fangen mit einer kleinen und überschaubaren Karte an, und wenn der Laden läuft, trauen sie sich qualitativ wie quantitativ mehr zu.

 

Als Zwischenstopp, um ein revitalisierendes Getränk einzunehmen, wenn man sich auf dem Weg zum nahegelegenen Kiosk befindet, um Pfandflaschen wegzubringen, ist und bleibt der "Blaue König" die erste Adresse in Kalk.;-) Oder um es mit Dollase zu sagen: "Das Essen ist ganz wesentlich davon bestimmt, daß man ständig das Gefühl hat, hart am Rande zur Banalität zu stehen.". Dieser Randstein wird zum Glück aber weder überschritten noch berührt.

 

 

 

 

"Blauer König" Markt 24 in 51103 Köln (Kalk). Telefon (0221) 85 37 44. Montag Ruhetag. Küche von 18.00 bis 22.30 Uhr. Öffnungszeiten: 18.00 bis 01.00 Uhr.